Pressemitteilung von 19. April 2024Energieziele: Bundesregierung droht neuer Streit und Rüge aus Brüssel.Klimaziele gefährdet. Unvollständige Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie Berlin. Im Schatten der Einigung zum Klimaschutzgesetz bereitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz derzeit ein weiteres wichtiges Klimagesetz vor: die Novelle des Energiedienstleistungsgesetzes (EDL-G). Was erstmal unscheinbar klingt, birgt nicht nur neues Streitpotential in der Koalition, sondern ist kritisch für den Erfolg der Klimaschutzbemühungen, so die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF). Bis zum gestrigen Donnerstag konnten die Verbände zum noch nicht ressortabgestimmten Gesetzentwurf Stellung nehmen. Zentrale Streitfrage ist, ob Deutschland beim Energiesparen über die EU-Vorgaben hinausgeht, die im letzten Herbst in der novellierten EU-Energieeffizienzrichtlinie festgelegt wurden. De facto hat die EU die Mitgliedstaaten verpflichtet, vor allem eigene nationale Maßnahmen mit nachgewiesenen Einspareffekten zu entwickeln. Damit tut sich Deutschland jedoch schwer – obwohl dies Wirtschaft, Bevölkerung und Klima dringend nützen würde. „Nur wenn es gelingt, parallel zum Ausbau erneuerbarer Energien den Energieverbrauch deutlich zu senken, und zwar mindestens so weit wie es die EU-Richtlinie vorgibt, wird die Erreichung der Klimaziele bezahlbar, beziehungsweise überhaupt erst möglich. Energieeffizienz ist die wichtigste Versicherung für eine Klimatransformation, die von der Bevölkerung mitgetragen wird”, erklärt Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF. Tatsächlich blieben bis dato selbst einfache und wirtschaftliche Effizienzmaßnahmen in Unternehmen und Gebäuden unangetastet, was zu unnötig hohen Bedarfen an neuer Erzeugung, Netzen und Energieimporten und damit zu hohen Kosten führt. Die politischen Versäumnisse würden bereits unmittelbar spürbar, durch hohe Energierechnungen und Engpässe, wie sie beispielsweise aktuell aus Oranienburg berichtet werden. Dabei ließe sich an vielen Stellen Strom in Größenordnung ganzer Kraftwerke leicht einsparen, etwa bei Pumpen und Motoren, Beleuchtung, Lüftung oder beim Wärmebedarf in vielen industriellen Prozessen und von Gebäuden, wenn diese künftig elektrisch beheizt werden sollen.
Die EU-Richtlinie und das parallel dazu verabschiedete Energieeffizienzgesetz setzen erstmals verbindliche Ziele zur Energieeinsparung bis 2030. Zuvor waren solche Ziele immer unverbindlich und wurden verfehlt. Um sie zu erreichen, müsse die Bundesregierung deutlich mehr unternehmen, als einzelne Vorgaben der Richtlinie schlicht 1:1 umzusetzen, so der Verband. Die Richtlinie sieht explizit vor, dass die Mitgliedstaaten eigene, nationale Instrumente auf den Weg bringen müssen, die in Summe der nationalen Einsparverpflichtung entsprechen. Werden die Ziele nicht erreicht, drohen Rügen und Strafzahlungen aus Brüssel und womöglich später deutlich härtere politische Vorgaben. “Die bislang unternommenen politischen Bemühungen reichen sehr sicher nicht, die Effizienz so schnell wie nötig voranzubringen. Die jüngsten Politikentscheidungen haben fast nur den Energieträgerwechsel der Strom- und Wärmeerzeugung konkret adressiert, kaum aber wirkungsvoll den Energiebedarf. Der jüngste Projektionsbericht verkennt, dass Sanierungsrate und Klimaschutzinvestitionen in Unternehmen gerade auf einem Tiefpunkt liegen. Die politischen Versäumnisse, hier effektive Anreize zu setzen, belasten Haushalte und Wirtschaft gleichermaßen“, so Noll. Die DENEFF und der DENEFF EDL_Hub fordern die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme nun auf, weitere Maßnahmen wie Energiestandards zur Sanierung von Wohngebäuden und konkrete Vorgaben zur Umsetzung wirtschaftlicher Effizienzmaßnahmen in Unternehmen auf den Weg zu bringen, um so die rechtlich verbindlichen EU-Zielvorgaben zu erfüllen. Dafür müsse Deutschland ausdrücklich über Mindestvorgaben hinausgehen. Es reiche also nicht aus, schlicht die in der diversen EU-Richtlinien formulierten Einzelvorgaben, etwa an Energieaudits und Energiemanagement in Unternehmen, Gebäudeeffizienz, Produkte oder effizientere Rechenzentren umzusetzen. Zudem seien die EU-Vorgaben zur jährlichen Sanierung von 3 Prozent des öffentlichen Gebäudebestandes und zur Umsetzung des Effizienzgrundsatzes (Efficiency First) noch überhaupt nicht umgesetzt. Barrieren für Energiedienstleistungsunternehmen, die bei Planung, Finanzierung und Umsetzungen unterstützen können, seien noch längst nicht aus dem Weg. Das EDL-G und das EnEfG seien der richtige Ort, um solche notwendigen nationalen Maßnahmen und die Umsetzung europäischer Vorgaben anzugehen. Gemeinsam appellieren die Organisationen an die Politik, den Fokus der Gesetzesnovelle zum EDL-G auf die Beseitigung von Marktbarrieren, eine stärkere Umsetzungsorientierung zu legen und gleichzeitig die Diskussion über Maßnahmen zur tatsächlichen Zielerreichung fortzusetzen. Die DENEFF warnte zudem davor, die Schwellenwerte für Energieaudits und Energiemanagementsysteme aufzuweichen, wie von einzelnen Verbänden gefordert werde. Hiermit würde die Zielverfehlung noch größer, sodass die EU-Kommission letztlich zu härteren Verpflichtungen genötigt und die späte Umsetzung dann teuer und schwierig werde.
Die Stellungnahme der DENEFF und des EDL_HUB finden Sie anbei.
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